Reizfilterschwäche

Auch wenn ich zeitweise in einem Unternehmen mit mehr als 600 Beschäftigten gearbeitet habe war meine soziale Wahrnehmung nicht über das eigene Team hinausgegangen. Die Reizfilterschwäche hat sich langsam gesteigert …

Erst in den letzten Jahren wurde das Lärmempfinden für mich zu einer immer größer werdenden Belastung. Die Situation in einem Großraumbüro kann problematisch werden, wenn man für ein konzentriertes Arbeiten eine gewisse akustische Ruhe benötigt.

Es waren aber nicht vordringlich dienstliche Telefonate, die mich aus dem Konzept brachten. Auch der Small Talk in meinem Umfeld wurde immer mehr zur Belastung. Ich bin diesen Gesprächen, bei denen keine Aussage getroffen wird, noch nie sehr wohlwollend gegenüber gestanden. Während der Autist in einer Pause seine Ruhe sucht echauffiert sich manch anderer derweil, dass in China ein Reissack umgefallen wäre. Das Lamentieren über das Wetter, das Schlechtreden der Mitmenschen und die aus meiner Sicht immer häufiger vorherrschende Selbstverliebtheit haben schon oft meine Gedankenwelt nachhaltig belastet.

Die Reizüberflutung führte zu Kopfschmerzen und ich mußte immer öfter das Büro kurzzeitig verlassen um mich zu beruhigen und überhaupt weiterarbeiten zu können. Es war mir natürlich bewußt, dass jene Akustik die ich als Lärm empfand für andere nicht störend wäre und diese vielleicht sogar die Stille meiden würden. Dieser Umstand kann von den anderen Menschen oftmals nicht verstanden werden – besonders dann wenn man, wie in meinem Fall, zu wenig darauf hinweist.

Wenn ich heute alleine daheim bin läuft kein Radio oder TV und eine musikalische Untermalung wird allenfalls kurzzeitig in Anspruch genommen. Das war bestimmt nicht immer so und ich weiß, dass sich hier in mir über ein längeren Zeitraum hinweg ein Wandel vollzogen hat. Einen Abend mit einem Freund in einem Lokal zu verbringen darf schon mal sein, doch bin ich auch froh wenn ich dann wieder meine Ruhe gefunden habe.

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